Die präklinische Hilfeleistung in medizinischen Notfällen erfolgt am Notfallort herkömmlich zum einen durch Rettungs- und Notarztdienst (organisiert, im öffentlichen Auftrag) auf Grundlage des Rettungsdienstgesetzes,
und zum Anderen durch andere am Notfallort Anwesende (spontan und auf unterschiedlichem Niveau, in der Regel Laienhilfe) auf Grundlage der allgemeinen Hilfepflicht.
Zusätzlich haben sich Initiativen gegründet, die auf örtlicher Ebene im Vorfeld des Rettungsdienstes organisiert Erste Hilfe leisten. Ziel der Initiativen ist die Verkürzung des sogenannten therapiefreien Intervalls bis zum Eintreffen des öffentlichen Rettungsdienstes. In den örtlichen Einrichtungen organisierter Erster Hilfe (Ersthelfergruppen) sind in der Regel Mitglieder von Hilfsorganisationen und Feuerwehren tätig. Die Ersthelfergruppen werden auch als „First Responder“ oder „Helfer vor Ort“ bezeichnet.
Der erste heute noch in Bayern oder sogar Deutschland existierende Dienst dieser Art entstand nachweislich in Glonn im Landkreis Ebersberg, wo eine Gruppe von ehrenamtlichen Rotkreuzlern der örtlichen Rotkreuz-Gliederung einige zufällige Einsätze "auf Zuruf" zum Anlass nahmen, einen geregelten "Schnelleinsatz-Trupp" einzurichten und auszurüsten, um bei Alarmen der Feuerwehr und später auch bei allen anderen Rettungsdienst-Einsätzen in Glonn und Umgebung nachhaltig schnelle Hilfe bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes leisten zu können. Damit verbunden war auch eine Einsatzdokumentation, aus der hervorgeht, dass wir am 20. Mai 1988 den ersten offiziellen Einsatz durchführten: die Versorgung einer eingeklemmten Person bei einem Verkehrsunfall an der Straße zwischen Glonn und Schlacht.
Die anliegenden Bilder stammen aus dem Jahr 1990, in der wir den Stand dokumentierten, wie wir seit 1988 den Dienst durchführten. Auf den Bildern sind die Einsatzkräfte der ersten Stunde zu sehen, von links nach rechts: Bernhard Nowotny, Josef Kraus, Christian Beham (der kurz nach der Gründung hinzukam) und Christoph Fink. Diese waren bereits ausgebildete Sanitäter und Rettungssanitäter mit Erfahrung im Rettungsdienst und Mitglieder im Glonner Roten Kreuz, als sie den zusätzlichen Aufgabenbereich übernahmen.
Die damalige Ausstattung bestand aus einem behelfsmäßigen Notfallkoffer sowie einer Tasche mit Straßenkarten und Ortsplänen plus eine kleine Kiste mit Zusatzmaterial für größere Einsätze. Dieses Equipment war im Glonner Feuerwehrgerätehaus untergebracht, genauso wie die Schutzbekleidung: neben dem damaligen dunkelgrauen BRK-Einsatzanzug trugen wir die alten weißen Jacken des Rettungsdienstes (der wenige Jahre zuvor auf rote Jacken umgestellt hatte und uns die alte Ausrüstung kostenfrei überließ), Einsatzstiefel und bei Bedarf einen Helm.
Im Einsatzfall rückten wir entweder mit unseren Privatfahrzeugen aus (im Hintergrund zu sehen) oder fuhren auf einem Feuerwehrfahrzeug mit. Erst im Oktober 1992 erhielten wir ein eigenes Einsatzfahrzeug, einen ausgemusterten alten Einsatzwagen des Rettungsdienstes, den wir für die Einsätze zur Erstversorgung nutzen konnten. Die Gemeinde Glonn stellte uns dafür eine Garage zur Verfügung. 1995 konnten wir in einer Spendenaktion einen Defibrillator beschaffen, damals noch außerhalb des Rettungsdienstes ungewöhnlich, heute ein unverzichtbarer Ausrüstungsgegenstand schon für die Laienhilfe.
Die Alarmierung erfolgte zunächst über die Feuerwehrsirene, also primär bei Feuerwehr-Einsätzen. Recht schnell wurden wir auch von der Leitstelle direkt telefonisch zu Hause verständigt, vor allem bei schwerwiegenden bzw. lebensbedrohlichen Notfällen in Glonn und Umgebung. Ab August 1993 wurden wir endlich mit Funkmeldeempfängern ("Piepser") ausgestattet und konnten seither direkt über das Leitstellen-Alarmsystem ausgelöst werden.
Das resultierte in einem starken Anstieg der Einsatzzahlen, hatten wir im Jahr 1988 noch 5 Einsätze, waren es 1993 bereits 40, ab 1995 dann jährlich jeweils über 100 Alarme, eine Einsatzspitze wurde in Glonn im Jahr 2003 mit 248 Alarmen erreicht. Das sind durchschnittlich ein Einsatz alle 1-2 Tage.
Als Ideengeber kannten wir Berichte aus Rettungsdienst-Zeitschriften und Kongressvorträgen zur "Verkürzung des therapiefreien Intervalls", mit Blick auf First Responder-Systeme in den USA und zur Verwendung von ausgebildeten Sanitätern des Katastrophenschutzes auch im Rettungsdienst. Beispielhaft wurde damals ein Konzept aus Karlsruhe vorgestellt. Diese Beschreibungen dienten als Vorbild für unsere Organisation.
In den 1990er Jahren folgten Gründungen weiterer solcher Initiativen, nachdem diese in der Fachwelt zunehmend anerkannt wurden, z. B. 1993 beim Bayerischen Roten Kreuz in Haimhausen (Lkr. Dachau) oder 1994 bei der Feuerwehr in Baindlkirch (Lkr. Aichach-Friedberg). Im September 1995 begann der Landkreis München mit einem viel beachteten und in vielen Veröffentlichungen zitierten wissenschaftlich begleiteten Pilotprojekt bei den Feuerwehren Aschheim, Ober- und Unterschleißheim, die das System schließlich weithin bekannt machten. Mittlerweile ist das System in Bayern und in Deutschland längst bekannt und etabliert, auch in verschiedenen Gesetzen/Vorgaben geregelt.
Im Landkreis Ebersberg gibt es heute vier "Helfer vor Ort"-Standorte des Bayerischen Roten Kreuzes und drei "First Responder"-Standorte der Feuerwehren (trotz unterschiedlicher Namensgebung handelt es sich dabei um das gleiche System auf einheitlicher Grundlage des Innenministeriums, dem "Leitfaden für die Tätigkeit örtlicher Einrichtungen organisierter Erster Hilfe (Ersthelfergruppen) in Bayern" vom 27. April 2011):
* Glonn (BRK, seit Mai 1988)
* Poing (BRK, seit Januar 1996)
* Hohenlinden (BRK, seit Januar 1999)
* Assling (Feuerwehr, seit Februar 2000)
* Grafing (Feuerwehr, seit Januar 2001)
* Markt Schwaben (BRK, seit Dezember 2005)
* Markt Schwaben (Feuerwehr, ab Januar 2012, Dienst im Wechsel mit dem bestehenden HvO des BRK)
Im BRK-Kreisverband Ebersberg sind derzeit insgesamt 80 Rotkreuzmitglieder in den HvO-Einheiten des BRK tätig, sie rekrutieren sich aus den knapp 600 ehrenamtlichen Mitgliedern der 13 Rotkreuz-Bereitschaften und -Arbeitskreise.
Es ist vorgesehen, ab November 2025 in Kirchseeon mit einem weiteren Helfer vor Ort des BRK zu starten, hierfür laufen gerade die Vorbereitungen in Zusammenarbeit mit der Gemeinde vor Ort.
Auch in Zorneding ist seitens der Bereitschaft ein Helfer vor Ort geplant und die ersten Vorbereitungen laufen.
Im Schnitt sind heute jeweils zwischen 150 und 200 Einsätze pro Jahr und Standort üblich, da kommt es vor allem auf die mögliche Bereitschaftszeit an. Wir versuchen, insbesondere die Nachtstunden und Wochenenden/Feiertage dienstplanmäßig abzudecken, können aber prinzipiell rund um die Uhr zum Einsatz kommen. Die Einsatzanlässe umfassen alle Notfallszenarien, die im Rettungsdienst üblich sind, von der akuten Erkrankung bis zu Unfällen aller Art.
Dabei unterstützen wir den öffentlichen Rettungsdienst, der innerhalb der gesetzlich geregelten Hilfsfrist eintrifft (in Bayern sind maximal 12 Minuten Anfahrtszeit in 80% der Fälle vorgegeben). Es ist selbstverständlich weiterhin wichtig, dass Umstehende und Angehörige den Notruf 112 verständigen und sofort Erste Hilfe leisten, der mitalarmierte "Helfer vor Ort" oder "First Responder" kann dann nach einigen Minuten die Versorgung mit ausgebildeten Kräften und erweitertem Notfallmaterial leisten. Damit wird das sonst "therapiefreie Intervall" bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes überbrückt - das ist gerade bei lebensbedrohlichen Notfallen, wie starken Blutungen oder Herz-Kreislauf-Problemen oft lebensrettend. Im Falle eines Herzstillstandes sinkt die Überlebensrate pro Minute um je ca. 10 Prozent, solange keine Reanimationsmaßnahmen eingeleitet werden. Das kann im Einzelfall trotz flächendeckender Ausstattung mit Rettungswägen schon knapp werden, wenn es die schnelle freiwillige und ehrenamtliche Hilfe nicht gäbe. Aber auch bei weniger dramatischen Notfällen unterstützen die Ersthelfergruppen z. B. mit ihrer Ortskenntnis und der beruhigenden Tatsache, dass gut ausgebildete und sachkundige Helfer schnell beim Patienten eintreffen und für Beruhigung in der Notsituation sorgen können. Die Alarmierung erfolgt grundsätzlich zusammen mit dem Rettungsdienst, einheitlich durch die Integrierte Leitstelle, erreichbar über den Notruf 112.
Die Ausstattung der Helfer vor Ort ist heute auf sehr modernem Niveau. Ein eigenes Einsatzfahrzeug befördert die Notfallausrüstung, die auch im Rettungsdienst üblich ist. Mit einem Notfallrucksack für Erwachsene, einer Zusatzausstattung für Notfälle im Kindesalter, Sauerstoffgerät und Defibrillator können die ersten Maßnahmen durchgeführt werden. Die Einsatzkräfte tragen dabei Warn- und Schutzkleidung.
Der Dienst ist rein ehrenamtlich, es bestehen keine Ansprüche zur Lohnfortzahlung oder Arbeitgeberfreistellung, es handelt sich also um die Freizeit der Einsatzkräfte. Ausstattung sowie Aus- und Fortbildung obliegt der Trägerorganisation.
Die Finanzierung des Dienstes erfolgt beim BRK ausschließlich durch Spenden und Fördermitgliedsbeiträge, die Einsätze werden nicht abgerechnet. Die Helfer erhalten keine Aufwandsentschädigung oder dergleichen. Wir werden vor Ort teilweise durch die Gemeinden unterstützt, z. B. mit der Bereitstellung von Garagen oder Zuschüssen bei Mietkosten für unsere Lager und Schulungsräume.
Wer hier unterstützen möchte – gerne auch für die Neugründungen in Kirchseeon und Zorneding - darf dies gerne tun Spenden
Das Angebot "Helfer vor Ort" wird zusätzlich zu den anderen ehrenamtlichen Diensten der Rotkreuz-Bereitschaften geleistet (z. B. Sanitätswachdienst bei Veranstaltungen, Blutspendedienste, soziale Angebote, Katastrophenschutz etc.) und erfordert ein hohes Maß an Freizeit-Einsatz auch für die Aus- und Fortbildung. Es stellt eine wichtige und lebensrettende Unterstützung des Rettungswesens dar und ist mittlerweile eine unverzichtbare Form des freiwilligen Engagements für die Einwohner und Besucher des Landkreises Ebersberg.